Jetzt habe ich gerade fünf Minuten eine halbe Ewigkeit überlegt, welch netten Titel ich diesem Beitrag geben könnte. Akhand Path – das sagt doch dem Großteil der Leserschaft hier nichts…
Akhand Path…kann man das essen? Nein, ein weiterer Beitrag über die diversen Leckereien Indiens wird dies nicht ;).
Akhand Path ist ein Begriff aus dem Sikhismus. Es beschreibt das Rezitieren der Guru Granth Sahib (GGS), dem heiligen Buch der Sikh, von Anfang bis Ende. Ohne Pause. Und es sind nicht gerade wenig Seiten. 1430 um genau zu sein. Und wer jetzt denkt, dass es so viele Seiten sind, weil es im kleinen Taschenbuchformatist, dem sei versichert: das Buch ist groß. 😉
Das Ganze dauert gut 48 Stunden.
Abgehalten wird diese Lesung aus unterschiedlichsten Gründen. Sei es zu freudigen Anlässen, wie einer Geburt oder traurigen wie dem Tod. Oder einfach, um sich Gott näher verbunden zu fühlen.
Am 21. Januar fuhren wir zur Gurdwara Talhan Sahib in Jalandhar. Meine Schwägerin, dreifache Mama, hatte seinerzeit versprochen, ein Akhand Path abhalten zu lassen, sollte ihr ein Sohn geboren werden. Dies ist 2008 auch geglückt ;). Zum Akhand Path kam es dennoch bisher nie. Ob nun tiefe Gläubigkeit, Aberglaube oder sonstwas – nachdem es ihr im letzten Jahr gesundheitlich nicht so super ging, war es für sie nun Zeit, ihr Versprechen einzulösen.
Gesagt. Getan.
So kamen wir dann auch tatsächlich schon fast überpünktlich an. Das Besondere am Akhand Path in der Gurdwara Talhan Sahib ist, dass es von 50 Babajis gelesen wird. Der Einzug dieser und der GGS in den Gebetsraum stand kurz bevor. Herr Mehra und mein Schwager drückten uns auf einmal Gürtel und Brieftasche in die Hand und stellten sich in die Schlange der Helferlein. Ich hab’s nicht sofort geschnallt – aber klar, es sind tierische Produkte und sie waren kurz davor, das heilige Buch selbst in die Hand zu nehmen ;).
Unter andächtigem Gesang (Satnam Waheguru) ging es dann los. Gänsehaut, sag ich euch. Nachdem alle Plätze vorbereitet und die GGS platziert war, wurden erst noch alle Namen vorgelesen, denen das Akhand Path jeweils gewidmet war. Ziemlich weit hinten hieß es dann auch Daskh Mehra :D.
Ein paar Gebete später ging das Rezitieren dann auch schon los.
Wer nun glaubt, wir haben dort 48 Stunden ausgeharrt, der irrt. „Anwesenheitspflicht“ gibt’s zu Beginn und am Ende. Auch wenn ich es durchaus spannend gefunden hätte, aber die Zeit war einfach nicht dafür da.
Zwei Tage später kehrten wir morgens also wieder in die Gurdwara zurück. Es wurden gerade die letzten Seiten verlesen. Anschließend wurden die Bücher mit neuen Decken verhüllt (jede Familie hatte ihren eigenen Babaji, der für sie „zuständig“ war und hatte als Geschenk entsprechend diese Decke zuvor überreicht) und wieder aus dem Gebetsraum getragen. Wieder unter Gesang. Und wieder Gänsehaut. Dieser Grundton des Satnam Waheguru hat’s mir doch irgendwie angetan ;).
Anschließend gab es noch ein Abschlussgebet. Parshad wurde verteilt. Die Teilnehmer erhielten zusätzlich noch eine Art personalisierte Bescheinigung über das Akhand Path. Und dann war es auch schon wieder vorbei.
Wir blieben anschließend noch für das Langar. Ich nutzte die Chance und sah mich auch mal wieder in der kleinen Küche um ;).
Akhand Path – Part 1
Nicht nur drinnen wird die Guru Granth Sahib verlesen.
Noch liegen die Guru Granth Sahib Bücher eingepackt da.
Zeit für eine Andacht
Auspacken, vorbereiten – und los geht’s.
Akhand Path – Part 2
Neue Decken für die Guru Granth Sahib
Viel Deko und Kitsch
Die Guru Granth Sahib wird in einen Nebenraum getragen.
Die Guru Granth Sahib wird zur Ruhe gebettet.
Verteilung der Bescheinigungen. Diese Familie hat 13 Teilnehmer. Das kostet natürlich auch entsprechend.
Langar
Langar Küche – Zubereitung der Brote
Langar Küche – Zubereitung der Küche
Langar Küche – „kleines“ Kochgeschirr
Langar
Eine kleine Anmerkung noch zur Gurdwara. Ich hab ja immer gedacht, nur in Deutschland haben die Gurdwaras eine Art „Lagerhallen“-Feeling, was dem Umstand geschuldet ist, dass sie oft in Industriegebieten zu finden sind und ehemalige Firmengebäude sind ;). Aber Talhan Sahib hat – zumindest innen – einen ähnlichen Charme versprüht :oops:. Von außen natürlich kein Vergleich!!
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