Nein, Jan Lokpal ist nicht der neue Star aus Bollywood oder ein norddeutscher Zugführer. Jan Lokpal (‚j‘ bitte Englisch aussprechen) heißt auf gut Deutsch „öffentlicher Ombudsmann“.
Zum genauen Hintergrund hilft Tante Google oder Onkel Wiki sicher weiter.
Ich kürze es kurz ab: seit den 60er Jahren wird in Indien immer wieder versucht ein Gesetz gegen die erschreckende Korruption unter Politiker, Bürokraten und Co. durchzubringen. Immer wieder ist dieses Gesetz gescheitert, wurde verbessert, ist wieder gescheitert…
Dank ‚Anna‘ Hazare, seinem Hungerstreik und sozialen Medien ist die Regierung nun soweit, dass Gesetz in einer neuen, verbesserten (!?) Form durchzubringen. Widerwillig. Aber es bleibt ihr nichts anderes übrig, will sie nicht selbst weiterhin als korrupter Haufen da stehen.
Eine unabhängige Behörde soll geschaffen werden, die alle Minister, Abgeordneten und Beamten überwachen soll. Sowie Ombudsmänner in allen 29 Staaten eingesetzt werden, die darüber wachen.
Aber kann so ein Gesetz, dass inbesondere die Korruption in den „oberen“ Ebenen bekämpfen soll, diese tief in der Gesellschaft verwurzelte Institution überhaupt eindämmen? Innerhalb von 2 Jahren soll ein angezeigter Fall von Korruption durch das entsprechende Verfahren abgeschlossen werden.
Was bringt das dem kleinen Bürger, der an jeder Ecke ein paar Rupien parat haben muss?
Wenn man bedenkt, was allein im Alltag und Straßenverkehr an Geld gezahlt wird, für Vergehen, die nicht begangen wurden: die Glasscheibe ist zu dunkel, der Spiegel nicht sauber genug – 100Rs hier, 100Rs da. Du brauchst einen Führerschein? Für den Antrag schon mal ein paar Rupien bereithalten – dann wird er auch angenommen. Ja, nicht nur nicht langsam bearbeitet. Er wird überhaupt bearbeitet.
Wenn selbst von 1 Milliarde Inder täglich nur 1% korrupten Beamten begegnet, sind das 10 Millionen Menschen. Täglich. Wenn davon abermals nur 1% die unsägliche Korruption zur Sprache bringt, sind das 100.000 Fälle, die zu bearbeiten sind. Täglich. Der Kollaps des Systems wäre vorprogrammiert. Der Unmut der Bevölkerung, die sich gerade aktiv einbrachte und sich eine Verbesserung wünscht, wäre jetzt schon zu hören. Aber so weit nach unten zielt das Ganze ja scheinbar nicht.
Es geht um die großen Fische. Politiker. Leute in gewissen Positionen.
Der kleine Mann wird weiterhin seine 100Rs hier, 100Rs da zahlen. Der, der nichts hat, wird weiterhin nicht die Möglichkeit haben, etwas aus sich zu machen. Ohne der richtigen Summe an Schmiergeld für Genehmigung, Zulassungen oder sonstigem.
Vielleicht bin ich da auch einfach zu pessimistisch. Aber die 3 Begegnungen mit grimmig dreinschauenden Polizisten, die ganz offenkundig nur eines wollten – nämlich unser Bestes, also unser Geld – glaube ich nicht, dass sich durch ein Gesetz von oben „unten“ etwas ändern wird.
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